Auf dem Seil ist Konzentration gefragt
Schwimmen, joggen oder wandern: Das sind gerade im Sommer bekannte Freizeitbeschäftigungen. In der Serie „Mal was anderes“ zeigen wir neue Möglichkeiten und Alternativen zu herkömmlichen Hobbys, die man hier in der Region ausüben kann. In dieser Folge stellen wir die Slackline vor.
Vier lange Leinen sind vor der Halle des TV Obergrombach von Baum zu Baum gespannt. Sie sind mehrere Zentimeter breit und bis zu 80 Zentimeter über dem Boden. Rüdiger Kaucher balanciert auf einer der sogenannten Slacklines. Konzentriert schaut er nach vorne, streckt die Arme für besseres Gleichgewicht aus.
Er ist Teil der Abteilung Slackline und Jonglage im TVO. Slacklinen ist ein Sport, der von Kletterern im Yosemite-Nationalpark erfunden wurde, die Absperrtaue und ihre Kletterausrüstung zum Balancieren nutzten. Heute ist Slacklinen auch in Europa verbreitet. Ab und zu sind die Sportler in Parks zu beobachten – Slacklinen im Verein ist eher selten. Doch die Gruppe in Obergrombach gibt es bereits seit mehr als fünf Jahren.
Kletterer brachten den Sport in den Verein, später kamen die Jongleure dazu und so bildete sich schließlich die Gruppe, die nun freitagabends ab 18.30 Uhr trainiert. „Bei schlechtem Wetter können wir in der Halle trainieren, denn dort sind Anker für die Slacklines angebracht“, berichtet Kaucher. Dass die Bäume vor der Halle so gut zum Aufspannen der Leinen geeignet sind, nennt er einen glücklichen Zufall. Drei Tonnen Zuglast haben die Slacklines, sie sind zwischen 2,5 und fünf Zentimeter breit, die längste ist zwölf Meter lang. Die Leinen, die Spanngurten ähneln, sind nicht straff, sondern hängen leicht durch (englisch „slack“ bedeutet schlaff), dadurch wird das Laufen in der Mitte wackeliger. Unter den etwas niedrigeren Leinen stehen Kästen, um die Strecke zu verkürzen. Das macht es leichter, und so nutzen gerade die kleineren Sportler diese Leine.
Kaucher erklärt: „Wer auf dem Seil stehen kann, kann auch darauf laufen.“ Doch das ist leichter gesagt als getan. Ein Bein aufs Seil, Arme ausstrecken und dann das zweite Bein vom Boden nehmen, dabei den Blick auf einen Punkt fixieren. Für Anfänger erfordert das höchste Konzentration. „Für den Erfolg braucht man eine gewisse Zeit“, weiß Kaucher. Er hat erst mit 50 Jahren angefangen zu slacklinen, während viele Gruppenmitglieder im Jugendalter sind. Die Slackliner und Jongleure im TVO sind bunt gemischt: Von zehn bis 60 Jahren reicht die Altersspanne.
Jasmin Knoch ist seit zwei Jahren dabei. Die 18-Jährige sagt, das Slacklinen helfe ihr dabei, runterzukommen. Dafür muss sie alles um sich herum ausblenden und sich auf dem Seil konzentrieren. Rüdiger Kaucher gibt Anfängern den Tipp: „Konzentration ist wichtig. Der Schwerpunkt muss genau über der Slackline sein.“ Balance und Gleichgewicht spielen eine große Rolle bei dem Sport. Als Fixpunkt fürs Auge empfiehlt Kaucher eine Stelle in der Ferne oder an dem Baum, auf den man zuläuft.
Die größte Herausforderung sei die Länge einer Slackline: „Je länger die Strecke ist, desto schwieriger ist es.“ Valentina, eine der jüngeren Slacklinerinnen, fügt hinzu: „Langsam ist schwer“ und läuft zügig über eine Leine. Sie trägt dünne Schläppchen an den Füßen, andere bevorzugen Sportschuhe oder balancieren barfuß.
So schwierig das Laufen auf der Slackline am Anfang auch ist, so bietet sie doch viel mehr Möglichkeiten. Johannes Lindenfelser nimmt sich ein paar Kegel und jongliert auf einer niedrigen Slackline: erst im Stehen, später läuft er. Auch Sprünge wären möglich, das sei ihm aber zu gefährlich, erklärt der 31-Jährige. Generell geht es bei der TVO-Abteilung eher ums Laufen, statt um Tricks auf dem Seil. „Ich habe mir mal einen Rückwärts-Salto vorgenommen, aber bisher nie gemacht“, gibt Kaucher zu. Doch beim Laufen auf der Slackline fühlt er sich sicher: „Das ist wie Radfahren, das verlernt man nicht.“
„Geschafft!“, ruft Felix. Das jüngste Mitglied hatte es in der vergangenen Stunde immer wieder versucht und ist nun endlich eine Strecke komplett gelaufen.
Text: Lara Teschers (BNN)
Oft sind Slacklines in Parks zu sehen. Voller Konzentration balanciert Rüdiger Kaucher vom TV Obergrombach auf einer der Slacklines. Seit mehreren Jahren betreibt er den Sport, neben dem Training beim TVO spannt er auch privat mal eine Leine auf.
Foto: Lara Teschers (BNN)